"ZWISCHEN SIEBEN UND ACHT"

Gemk-LK Langner

 

Zwischen "sieben und acht" (morgens) ist man im Regelfall auf dem Weg zum Dienstort Schule, zwischen "sieben und acht" (abends) freut man sich manchmal auf ein schönes Abendessen, hat man aber einen Kurs zwischen "sieben und acht" Teilnehmern, dann sitzen sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch der Lehrer zwischen allen Stühlen. Angesichts der sich vergrößernden Zahlen in Klassen und Kursen kommt die Einrichtung eines solchen Leistungskurses mit einer so geringen Zahl fast einem schweren Verbrechen gleich. Traumatisierung für alle Teilnehmer ist die Folge. Für den Unterrichtenden deswegen, weil er manchmal die etwas boshaften Kommentierungen mitbekommt, für die Kursteilnehmer deshalb, weil von diesen die geringe Kursteilnehmerzahl hingenommen wird, wie ein Betroffener das Schicksal der Kleinwüchsigkeit hinzunehmen gezwungen ist. - Ich bekenne, daß ich bis zur Pensionierung meinen Blick jeweils stärker zur Erde als "gen" Himmel gerichtet halten werde; dennoch bin ich nachträglich dankbar, daß der Studienleiter, als der Kurs 1995 eingerichtet wurde, standhaft blieb und nach Rücksprache mit mir für die Erhaltung des Kurses eingetreten ist. (Nach dem Abitur ist ihm dafür eine Flasche Champagner sicher.)

Nun zu den Kursteilnehmern selbst: am Beginn der Stufe 12.1 waren wir acht, eine übersichtliche Zahl, eine gut teilbare Zahl, das weibliche Element hatte die Mehrheit (5:3). Als uns die freundliche Y. nach Erreichen der Fachhochschulreife verließ, da war das ein Verlust von 12,5% mit einem (das muß man sich mal vorstellen!). Das Verhältnis männlich:weiblich betrug nur noch 4:3. - Für ein lebhaftes Diskussionsverhalten bedarf es einer Kursstärke von ungefähr 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmern; bei der Zahl von sieben genügt der Kopfschmerz oder die schlechte Laune eines Teilnehmers, um die Friedhofsruhe ins Extrem zu treiben.

Die verschiedenen Temperamente mußten sich notwendigerweise auf die Interaktionsprozesse im Unterricht auswirken. Nach Einschätzung des Kursleiters (Choleriker) bestand die Gruppe (nach alter hippokratischer Einteilung) aus 37,5% sanguinischer, 25% phlegmatischer, 25% melancholischer und 12,5% cholerischer Tendenz. In Bezug auf die politischen Standorte waren alle Elemente von "links" bis "deutlich konservativ" vertreten; der Kursleiter hofft, daß er mit seiner nicht immer zurückhaltenden Position hinsichtlich politischer Standorte niemandem einen bleibenden Schaden bezüglich seiner eigenständigen politischen Entfaltung zugefügt hat.

Anläßlich der Toskanafahrt ging die Freude bei 14,285% der Kursteilnehmer (inzwischen waren wir nur noch sieben!) über den Tatbestand, Deutscher zu sein, nach meinem Dafürhalten doch etwas zu weit. Auf dem Balkon unseres Hotels wurde die deutsche Flagge gehißt, was denn doch eine relativ schnelle Intervention zur Folge hatte und haben mußte.

Besonders lobend ist hinsichtlich der Kursteilnehmer zu erwähnen, daß sie sich ("willig/unwillig") der Aufgabe unterzogen haben, eine fachspezifische Hausarbeit anzufertigen, die bei allen recht erfreulich (bei manchen sehr erfreulich) ausfiel. Hierbei kam es meinerseits (auf Bitten aller) immer wieder zu Terminverlängerungen. Diese wurden "gnädig" gewährt, so wie sie mir (bei der um Vieles kürzeren Textarbeit wie der vorliegenden) seitens der Schüler ebenso "gnädig" gewährt wurden, so daß ich den 10.3.1997 für die Abgabe dieser Zeilen wählen konnte.

Bereits jetzt (und auf diesem Wege) möchte ich den Abiturientinnen und Abiturienten meines kleinen Tutorkurses alles Gute für ihren weiteren Lebensweg wünschen und die Hoffnung aussprechen, daß sie in Zukunft immer in Gruppen der Größe arbeiten können, die sie persönlich als optimal empfinden.

Siegbert Langner

 

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